Gastroenterologie Familie

Interview mit Marcus Hollenbach

Jahrgang 1983
Sektionsleiter Translationale Endoskopieforschung am Universitätsklinikum Heidelberg
Verheiratet, 2 Kinder

Wie viele Kinder hast du? Gab es für Dich einen „richtigen“ Zeitpunkt zur Familiengründung und warum war dieser Zeitpunkt für dich optimal? Wann und wie hast du deinen Vorgesetzten deine Familienplanung kommuniziert?

Ich muss gestehen, diese Frage ist für mich persönlich nicht ganz leicht zu beantworten. Das Thema Familie hatte ich viele Jahre vor mir hergeschoben und habe mich lange Zeit hierfür nicht bereit gefühlt. Einige meiner Kommilitonen bekamen bereits während der Studienzeit ihre ersten Kinder, das kam für mich nicht in Frage da mir zu diesem Zeitpunkt mein weiterer Lebensweg noch nicht klar genug erschien. Meine erste Tochter wurde geboren, als ich 33 Jahre alt war und die Ausbildung zum Facharzt für Innere Medizin abgeschlossen hatte. Dies erschien mir ein geeigneter Zeitpunkt, da ein wichtiger Meilenstein geschafft war. Andererseits wurde der Weg zu Habilitation nicht einfacher, da sich die privaten Aufgaben und Pflichten ausweiteten und ich meine Frau, die ehrlicherweise die Familie größtenteils organisiert, soweit wie möglich unterstützen wollte. Ich denke dennoch, dass dieser Zeitpunkt für mich rückblickend optimal gewählt war. Bei der Geburt meiner zweiten Tochter war ich 37 Jahre alt und hatte meine Ausbildung zum Gastroenterologen beendet. Innerhalb unserer Klinik war ich als Oberarzt etabliert und hatte die Habilitation abgeschlossen. Der Altersunterschied der Kinder war aus meiner Sicht optimal, der Zeitpunkt erschien für uns günstig. Meine Familienplanung habe ich meinen Vorgesetzten nicht direkt kommuniziert aber über die bevorstehende Geburt informiert und die geplante Elternzeit mehrere Monate vorher angekündigt. Dies erscheint mir auch den Kollegen gegenüber fair, um Planungssicherheit zu gewährleisten.

 

Hast du Elternzeit genommen? Wie lange? Was hat dich bei der Planung der Elternzeit beeinflusst? Was half beim Wiedereinstieg? Wann ist der richtige Zeitpunkt über Art und Zeitpunkt des Wiedereinstiegs zu sprechen?

Ich habe bei beiden Kindern jeweils 2 Monate Elternzeit genommen. Bei meiner ersten Tochter nahm ich Monat 13 und 14, habe aber einmal in der Woche meine Spezialambulanz mangels Alternativen fortgeführt. Bei meiner zweiten Tochter habe ich Monat 1 und 6 Elternzeit genommen. Die Planung war rein organisatorischer Natur in Absprache mit meiner Frau. Ich habe auch versucht, nicht in den Haupturlaubsmonaten Elternzeit einzureichen, dies wird aber nicht von allen Kollegen gleichermaßen gewürdigt. Prinzipiell muss die Elternzeit ja nicht beantragt, sondern lediglich angezeigt werden, hier gab es keinerlei Probleme oder Diskussionen mit dem Arbeitgeber. Der Wiedereinstieg war für mich unkompliziert, ich habe aber auch keine 6 oder 12 Monate Elternzeit genommen. Nach längerer Elternzeit erscheint mir ein langfristig geplanter und gut organisierter Wiedereinstieg sinnvoll. Man sollte zeitnah mit dem personalverantwortlichen Oberarzt in Kontakt treten und ausloten, wie der Wiedereinstieg sinnvoll funktionieren kann.

Ein ausgewogenes Verhältnis von Klinik, Lehre und Forschung einerseits sowie Familie auf der anderen Seite sind nach wie vor eine Gratwanderung, die ich manchmal besser, manchmal aber auch schlechter managen kann.

Vollzeit, Teilzeit oder sogar Schichtarbeit – welches Modell hast du realisiert und bist du damit zufrieden?

Schichtarbeit kommt für mich mit Familie nicht mehr in Frage. Andererseits bieten die dann meist pünktlichen Feierabende auch Planungssicherheit, dies muss jede Familie individuell entscheiden und den besten gemeinsamen Weg finden. Das Teilzeit-Modell wird aus meiner Sicht die Zukunft sein, gerade da die jüngeren Kollegen 42 Wochenstunden plus Überstunden und Freizeitforschung immer weniger bereit sind zu leisten. Für mich persönlich kam aufgrund zahlreicher Verpflichtungen, Meetings, Arbeitsgruppen etc. aber nur ein Wiedereinstieg in Vollzeit als machbar vor. Ein ausgewogenes Verhältnis von Klinik, Lehre und Forschung einerseits sowie Familie auf der anderen Seite sind nach wie vor eine Gratwanderung, die ich manchmal besser, manchmal aber auch schlechter managen kann und Konflikte nicht immer vermeidbar sind. Hier Offenheit und Ehrlichkeit sowohl mit den Vorgesetzten als auch mit der Familie aus meiner Sicht unentbehrlich.

 

Wieviel Zeit hast du am Tag für die Kinder und deinen Partner? Wie nutzt ihr die gemeinsame Zeit?

In der Regel halten sich die Überstunden für die klinische Tätigkeit im Rahmen. Ohne krankheitsbedingte Übernahmen sind 4-6 Rufbereitschaften im Monat zu leisten. Dennoch ist es unvermeidlich, wissenschaftliche Arbeiten, das Schreiben von Manuskripten, Anträgen sowie Aktivitäten in Arbeitsgruppen, Leitlinien etc. auch in die Freizeit zu verlagern. Die genaue tgl. Zeit ist somit schwer zu beziffern und schwankt. Ich würde sagen, es sind ca. 4 Stunden tgl. an Arbeitstagen. Wir essen gemeinsam, spielen und erzählen mit den Kindern und bringen diese mit der Abendroutine zu Bett. Die gemeinsame Zeit zu zweit ist mit 2 kleinen Kindern sicher deutlich limitiert. An den Wochenenden steht die Familie soweit möglich im Vordergrund.

@ 2023
Ein Interview von Sophie Schlosser-Hupf & Jakob Garbe