Krankenhausreform: Stand und mögliche Konsequenzen für die Gastroenterologie

Die von Karl Lauterbach angestoßene Krankenhausreform hält uns alle in Atem. Wir möchten Ihnen dazu unsere aktuelle Einschätzung geben.

Juli 2024

Aktuelle Gesetzgebungsverfahren

Nachdem das Krankenhaustransparenzgesetz bereits verabschiedet ist und der Bundesklinikatlas (https://bundes-klinik-atlas.de/) im Mai online gegangen ist, spaltet dieser die Gemüter. Der Atlas ist nach einem Zitat der AWMF „nicht mehr als eine schlecht gemachte Betaversion“. Unklar ist, wann das Portal seine eigentliche Aufgabe, Transparenz über ein breites Angebot an Leistungen herzustellen, erfüllen kann. Aktuell werden trotz ständiger Nachbesserungen überwiegend unvollständige Anteile aus den Qualitätsberichten der Krankenhäuser präsentiert, wobei die Seite auf Suchanfragen auch immer wieder unterschiedliche Ergebnisse liefert. Diskutiert wird aktuell, inwieweit eine Haftung seitens des Anbieters der Daten bei fehlerhaften Angaben besteht.

Das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsqualität im Krankenhaus und zur Reform der Vergütungsstrukturen (KHVVG) steht mitten im laufenden Gesetzgebungsverfahren und wurde in erster Lesung am 27.06.2024 im Bundestag vorgestellt. Die Umsetzung wird für den Bundesgesundheitsminister ein Lauf gegen die Zeit. Auch hier ist unklar, inwieweit das Versprechen, eine verbesserte und stabilere Krankenhausvergütung zu entwickeln, erreicht werden kann.

Sollte das Gesetz allerdings in dieser Legislaturperiode noch verabschiedet werden, wäre der Weg offen für eine bundesweite Einführung der Leistungsgruppen (LG) und die Umgestaltung der Krankenhausvergütung. Zu den DRG und der Investitionsförderung der Länder kommt dann die Vorhaltevergütung hinzu. Die Liste der einzelnen LG und deren Qualitätsanforderungen für die Zulassung entspricht dabei im Wesentlichen der LG-Definition in NRW, ergänzt um einzelne LG wie zum Beispiel die LG Infektiologie. Alle Vorschläge, um die das Bundesgesundheitsministerium die Fachgesellschaften und die AWMF nachdrücklich gebeten haben, wurden nicht berücksichtigt. Nachbesserungen seien erst im Laufe der Zeit vorgesehen, so heißt es aus dem BMG.

Die Ausgestaltung des Groupers, der die stationären Fälle einer jeweiligen Leistungsgruppe zuordnet und damit die Grundlage für die Berechnung der Vorhaltekosten ist, wird derzeit parallel zum Gesetzesverfahren vom INEK vorbereitet. Hier wird es vor allem um eine eindeutige und der Versorgungssituation entsprechende Zuordnung von Leistungen (OPS und ICD) gehen, die das INEK vor erhebliche Schwierigkeiten bei der Abgrenzung der LG voneinander, nicht nur im Bereich der Inneren Medizin, stellt. Die DGVS hat hierzu unter Leitung von Professor Jörg Albert eine Taskforce gegründet, die einen Vorschlag für die LG Komplexe Gastroenterologie erarbeitet und dem INEK zur Verfügung gestellt hat.

 

Umsetzung der Leistungsgruppen und Zulassungssituation in NRW

Auch wenn die Umsetzung auf Bundesebene noch nicht endgültig entschieden ist, kann man am Beispiel NRW mögliche Folgen bereits absehen. In NRW wurden die Scheiben des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen mit der konkreten Zuteilung der LG und Mengen an die Versorgungsbereiche versendet. Ohne dass uns hier bereits ein genauer Überblick vorliegt, scheinen insbesondere operative Abteilungen, die sich im unteren Bereich der zu erbringenden Mindestmengen befinden, von einer Nichtzuteilung der LG betroffen zu sein.

Aus den uns bisher vorliegenden Informationen ist zu lesen, dass die LG Komplexe Gastroenterologie in der Regel auch zugeteilt wird, wenn sie beantragt wurde. Dennoch ist die Neuverteilung von LG für viele Kliniken ein zum Teil erheblicher Eingriff, der Umstrukturierungen und Kooperationen erforderlich macht. Erfolgt die Zuordnung zum Beispiel der LG Pankreaschirurgie nicht, so kann dies auch Konsequenzen für die LG Komplexe Gastroenterologie vor Ort haben. Kommt das KHVVG, könnte ein ähnlicher Prozess bundesweit angestoßen werden. Weitreichende Konsequenzen wären dann auch für die Weiterbildung zu erwarten, die dann, wie jetzt bereits in NRW zu beobachten, zunehmend in Weiterbildungsverbünden abgebildet werden müsste. Für dieses Thema gibt es jedoch von politischer Seite bisher kaum Aufmerksamkeit.

Haben Sie Fragen und Ergänzungen zum Thema, freuen wir uns auf Ihre Rückmeldung. Wir werden Sie weiter auf dem Laufenden halten.

 

Kontakt

Albert

Prof. Dr. med. Jörg Albert

Vorstand Gesundheitsökonomie 2023 – 2025

Klinik für Gastroenterologie, gastroenterologische Onkologie, Hepatologie, Infektiologie und Pneumologie
Katharinenhospital Klinikum Stuttgart
Kriegsbergstr. 60
70174 Stuttgart

COI

0711-27 83 54 03 Email senden
Petra+Lynen RSF6176

PD Dr. med. Petra Lynen Jansen

Geschäftsführung

DGVS
Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie,
Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten

Olivaer Platz 7
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