Forschung Gastroenterologie

Interview mit Silvia Würstle

Jahrgang 1991
Assistenzärztin am Klinikum rechts der Isar München
ledig

Warum lohnt sich Forschung für dich?

Forschung bietet für mich die Möglichkeit, in einem interdisziplinären Team potentiell neue Therapien zu entwickeln und zu verbessern. Gleichzeitig liebe ich die Arbeit mit Patientinnen und Patienten und beobachte dort die Bedeutung und Notwendigkeit neuer Therapieformen.

 

Was hat dich dazu bewegt in die klinische oder basiswissenschaftliche Forschung zu gehen?

Schon in meinem Abiturinterview steht, dass ich eine Laufbahn in der medizinischen Forschung anstrebe, denn schon damals war ich neugierig darauf, klinische Zusammenhänge zu verstehen und meine Energie in einem Bereich umzusetzen, der Menschen in Not helfen könnte. Ich forsche nun in der translationalen Infektionsmedizin. Hier ist es unglaublich bereichernd, beim Einsatz neuer Therapeutika den Erfolg bei Patientinnen und Patienten erleben zu dürfen. So zum Beispiel in der Präzisionsmedizin mit Bakteriophagen; das sind die „guten“ Viren, die Bakterien bekämpfen.

 

Ist es kompliziert, eine Studie zu starten? Hast du Tipps? Wie sieht es mit der Finanzierung aus?

Klinische Studien sind für den medizinischen Fortschritt von enormer Bedeutung. Neben vielen Hürden bei der Studienplanung und -durchführung – zum Beispiel bei der Finanzierung und der Organisation multizentrischer Studien – gibt es auch die Herausforderung, dass Ärztinnen und Ärzte in deutschen Kliniken im Stationsalltag häufig mit nicht-ärztlichen Tätigkeiten beschäftigt sind und wenig Zeit für Studien bleibt. In den USA habe ich eine engere Verknüpfung von klinischer Forschung und Stationsalltag, mit einem höheren Spezialisierungsgrad der Ärztinnen und Ärzte auf medizinische und wissenschaftliche Tätigkeiten ihres Fachbereichs erlebt. Trotz der genannten Hürden sehe ich die Physician Scientists durch ihre fundierte wissenschaftliche und klinische Ausbildung in einer Schlüsselrolle beim Transfer von Erkenntnissen aus der Forschung in die Klinik. Mein Tipp zur Studienplanung und insbesondere auch zu Finanzierungsideen ist die JUGA Summer School der AG Junge Gastroenterologie der DGVS, wo sich in einem geschützten Rahmen Studienideen vorstellen und optimieren lassen.

Es ist unglaublich bereichernd, beim Einsatz neuer Therapeutika den Erfolg bei Patientinnen und Patienten erleben zu dürfen.

Welche Strukturen gab es schon, welche hast du dir aufgebaut?

Die Forschungsstrukturen die ich an der Yale University kennenlernen durfte, sind natürlich schwer zu übertreffen, aber auch hier in Deutschland gibt es qualitativ hochwertige Programme für Physician Scientists, die durch ein angepasstes Curriculum geschützte Forschungszeiten vorsehen und von Soft-Skill Seminaren und Mentoring begleitet werden. Ich selbst war im Rahmen meiner laufenden Habilitation in einem strukturierten Mentoring-Programm (KeCK-Mentoring an der TU München), das meine Entwicklung als Wissenschaftlerin nachhaltig gefördert hat. Der kollegiale Austausch, zum Beispiel mit den Mitgliedern der Jungen Gastroenterologie der DGVS, ist für mich nach wie vor überaus bereichernd. Was die offiziellen Strukturen in der Ausbildung in Deutschland angeht, habe ich Sympathien für die Integration einer Feedback-Kultur, die in den USA bereits fester und verpflichtender Bestandteil der wissenschaftlichen und klinischen Ausbildung ist. Besonders bemerkenswert ist, dass das Feedback teilweise auch öffentlich einsehbar ist und somit stärker für ein konsequent professionelles Interaktionsverhalten sorgt.

 

Wieviel Zeit verbringst du pro Woche mit Forschung und wie schaffst du den Spagat Forschung/Klinik/Freizeit? Welche Unterstützung bietet deine Klinik für Forschungszeit?

Ich bin sehr dankbar für die Möglichkeit, durch die finanzielle und ideelle Förderung der Yale University in Vollzeit in der Forschung tätig sein zu dürfen und die Arbeit im interdisziplinären Forschungsteam macht mir große Freude. Ich hatte und habe das Glück, von ausgezeichneten Mentorinnen und Mentoren, auch von meiner Klinik in Deutschland, reflektiert und gefördert zu werden. Das Klinikum rechts der Isar in München bietet vielfältige Möglichkeiten für eine klinisch-wissenschaftliche Ausbildung; ich habe zum Beispiel im Rahmen meines ersten Forschungsstipendiums durch meine Klinik eine tolle Anschubfinanzierung erhalten.

@ 2022
Ein Interview von Lukas Welsch & Jasmin Zessner-Spitzberg