Forschung Gastroenterologie

Interview mit Lukas Welsch

Jahrgang 1988
Oberarzt am Klinikum Hanau
Verheiratet, 2 Kinder

Lohnt sich Forschung noch?

Auf jeden Fall! Evidenzbasierte Medizin kann nur mit Forschung gelingen. Und wer könnte Forschungsbedarf besser erkennen und Publikationen besser interpretieren als der forschende Arzt.

Ob sich als Krönung der Bemühungen ein Titel lohnt, hängt stark vom eigenen Lebensentwurf ab.

 

Was hat dich dazu bewegt in die klinische Forschung zu gehen?

Die Niederungen der Klinik und die Erkenntnis, dass es auf viele Fragen keine gute Antwort gibt. Für mich kommen die Fragen am Patientenbett (oder der Kurve), daher betreibe ich klinische Forschung. Und natürlich habe ich es von meinen Chefs, Oberärzten und Kollegen so vorgelebt bekommen.

 

Ist es kompliziert, eine Studie zu starten? Hast du Tipps? Wie sieht es mit der Finanzierung aus?

Retrospektive Auswertung sind recht einfach. Aber auch hier ist es wie in anderen Lebensbereichen – das erste Mal ist nicht unbedingt das glückseligmachende. Einfacher wird es, wenn du Kollegen hast, die es schon hinter sich haben und du große Teile der Anträge übernehmen kannst. Hier finden sich auch unter den JUGAs gute Ansprechpartner. Sprich mit Kollegen oder häng dich an die JUGA Studiengruppe ran.

Für prospektive Untersuchungen bedarf es mindestens der sichtbaren Unterstützung durch deinen Chef, dann lassen sich kleinere Dinge auch finanzieren. Das kann aber gerade in kleineren Häusern oder Praxen schon sehr schwierig werden. Wichtig: Ethikkommissionen gewähren auf Antrag relevante Rabatte, wenn keine externen Sponsoren dabei sind.

Wichtig ist, dass man sich sein Interessensgebiet klar, aber nicht all zu eng, definiert.

Welche Strukturen gab es schon, welche hast Du Dir aufgebaut?

Ich hatte das Glück, mich in ein gemachtes Nest setzen zu können. Und dann kommen die Zufälle dazu. Ich bin der festen Überzeugung, dass Strukturen wachsen müssen. Mit jedem Projekt lernt man neue Leute, Methoden und Techniken kennen. Der Anfang ist schwer, aber schon bald kann man sich vor Ideen und Fragestellungen kaum mehr retten. Wichtig ist, dass man sich sein Interessensgebiet klar, aber nicht all zu eng, definiert. Sonst droht man sich zu verzetteln. Ich begeistere mich z.B für endoskopische Aspekte des oberen und mittleren Gastrointestinaltraktes. Gerade bei klinischer Forschung muss man auch die Patienten dafür haben. Da muss man sich auch an den Stärken der eigenen Einrichtung orientieren.

 

Wieviel Zeit verbringst Du pro Woche mit Forschung? Hat Deine Klinik „protected Researchtime“?

Es gibt Wochen, in denen ich mit Forschung nichts zu tun haben möchte. Da schaue ich natürlich, dass ich trotzdem Patienten in laufende Studien einschließe. Das ist dann meist im Rahmen meiner Arbeitszeit. Dann gibt es Tage oder Wochen, an denen die Abende und Wochenenden ausgefüllt sind. Das ist vor allem bei Initiierung einer Studie und dann nochmal bei der Auswertung und in der Schreibphase der Fall. Pro Woche werden es im Schnitt etwa 4h sein. Über bestimmte Programme lässt sich bei uns Forschungsfrei einrichten. Ansonsten ist es Privatvergnügen – hier und da wird dann aber schon mal ein Auge zugedrückt.

@ 2023
Ein Interview von Jasmin Zessner-Spitzberg